Die Nase, unser ältester Sinn

Der Geruchsinn ist der älteste unserer fünf Sinne. Zweimal vier Quadratzentimeter Schleimhaut im oberen Nasenbereich und 350 Riechrezeptoren sind dafür verantwortlich, dass der Mensch rund 10’000 Duftnoten unterscheiden kann. Wie das ganz genau funktioniert, kann die Forschung bis heute noch nicht bis ins letzte Detail erklären. Riechen, so viel ist klar, ist ein unendlich komplexer Vorgang. Der Duft von Rosen beispielsweise setzt sich aus über 500 Duftbestandteilen zusammen, die erst im Gehirn zur Information «Rosen» zusammengesetzt werden. Von dort gelangt das Signal direkt ins Emotionszentrum. Deshalb sind Gerüche wie keine andere Sinneswahrnehmung durch Prägung in frühester Kindheit konnotiert. Wir alle sehen die Küche unseres Elternhauses vor uns, wenn wir den Duft unseres einstigen Lieblingsessens riechen. Für manche bedeutet der Geruch von frisch gemähtem Gras angenehme Kindheitserinnerungen, anderen wird beim Duft von heisser Milch warm ums Herz. Dem Duft, der am frühen Sonntagmorgen aus einer Bäckerei strömt, kann kaum jemand widerstehen. Düfte haben auf unser Empfinden, auf unsere Stimmung, aber auch auf unsere Erinnerungen und Assoziationen einen viel mächtigeren Einfluss, als uns oft bewusst ist. Gleichzeitig wissen wir, wie unglaublich schwierig es ist, Düfte in Worte zu fassen. Das macht ihren Zauber nur noch grösser.

Doch nicht nur auf unsere Stimmung, also unser vegetatives Nervensystem, haben Düfte einen massiven Einfluss. Forscher haben herausgefunden, dass auch gewisse Zellen der Haut auf Gerüche reagieren. So können gewisse Düfte zum Beispiel die Wundheilung fördern. Dass wir manche Menschen «nicht riechen» können, ist weit mehr als eine Metapher, sondern liegt in komplizierten, für unser Weiterleben aber entscheidenden evolutionären Strategien begründet.

Duft ist aber auch ein wirtschaftlicher Faktor: Auf rund 40 Milliarden US-Dollar wird der Jahresumsatz der Parfümindustrie geschätzt; jährlich kommen 100 bis 200 neue Düfte auf den Markt. Nur wenige bleiben länger als ein paar Monate. Kein Wunder, dass die «Nasen», die professionellen Parfüm-Kreateure, gesuchte Spezialisten sind.